Mahalias Zuhause

Ein dringend benötigter Rückzugsort

Mahalia Jacksons Wohnsituation

Ein Spiegelbild ihrer Karriere und ihres Engagements
Mahalia Jacksons Leben war natürlich auch untrennbar mit ihren Wohnsitzen verbunden – von bescheidenen Anfängen in New Orleans bis hin zu luxuriösen Eigentumswohnungen in Chicago. Ihre Häuser und Wohnungen waren nicht nur Unterkünfte, sondern auch Zeugen ihrer beeindruckenden Karriere, ihres finanziellen Aufstiegs und ihres unermüdlichen Einsatzes für die Bürgerrechtsbewegung. Diese Rückzugsorte waren ihr besonders wichtig, da sie ja unermüdlich unterwegs war; Konzerte, Tourneen, Schallplattenaufnahmen, TV Aufnahmen, Kirchenveranstaltungen.

Dieser Artikel beleuchtet die faszinierende Entwicklung von Mahalias privater Wohnsituation, die oft von Rassismus und persönlichen Herausforderungen geprägt war, aber auch von ihrem Wunsch nach einem eigenen Zuhause und einem Zentrum für Gastfreundschaft und Aktivismus.

Von Shotgun-Hütten zu Chicagos South Side

Mahalia Jackson wurde in ärmlichen Verhältnissen in einer "kleinen alten Schrotflintenhütte" in New Orleans geboren. Ein undichtes Dach war Teil ihrer Kindheit, und nach dem Tod ihrer Mutter zog sie zu ihrer Tante Mahala Paul, auch bekannt als Tante Duke. Schon in jungen Jahren sehnte sie sich nach einem eigenen Raum, einem Ort der Privatsphäre, an dem sie ungestört Musik hören konnte. Mit nur fünfzehn Jahren erfüllte sie sich diesen Wunsch teilweise, indem sie ein winziges Einzimmerhaus mietete.

Mahalia Jackson zog Ende November 1931 im Alter von 20 Jahren nach Chicago. Sie lebte zunächst bei Verwandten in einem dreistöckigen Gebäude in Chicagos South Side und verdiente ihren Lebensunterhalt als Putzkraft und Wäscherin. In den frühen 1940er Jahren teilte sie eine kleine Wohnung mit ihrem damaligen Ehemann Ike Hockenhull. Dieser Ort wurde bald zu einem Zufluchtsort für junge, mittellose Sänger, die dort nicht nur eine herzhafte Mahlzeit, sondern auch Mahalias mütterliche Fürsorge fanden. Ihr Friseursalon in 3252 South Indiana diente nicht nur als Geschäft, sondern auch als improvisierter Wohnraum und wichtiger Treffpunkt für die schwarze Gemeinschaft.

Ein entscheidender Schritt in Mahalias Immobiliengeschichte war der Kauf eines Vier-Parteien-Mietshauses in der 3726 South Prairie Avenue. Dies war nicht nur eine finanzielle Investition, sondern auch ein Ausdruck ihres Wunsches, Eigentümerin und Vermieterin zu werden. Sie bezahlte das Gebäude bar und nutzte die untere Wohnung für sich. Ihr Zuhause wurde zu einem lebendigen Ort, an dem sie nicht nur Kosmetika herstellte, sondern auch einen Teilzeit-Kosmetiksalon betrieb, um ihre Einkünfte aufzubessern.

Das Haus in der 8353 Indiana Avenue, Chicago

© Postkarte, Scenic South Card Co, Bessemer Ala. 35020

Ein kurzer Ausblick auf das Haus in der Indiana Avenue.

Ein Kampf gegen Rassismus und ein Zentrum der Bürgerrechtsbewegung
Anfang 1957 erfüllte sich Mahalia Jacksons Kindheitstraum vom eigenen Zuhause, als sie ein stattliches, einstöckiges Haus im Chatham Village in Chicagos South Side kaufte, in der 8353 Indiana Avenue. Sie zahlte die vierzigtausend Dollar für das rote Backsteinhaus im Ranch-Stil bar. Mit sieben Zimmern, einer eingebauten Garage und einem großen Garten war es ein Symbol ihres Erfolges.

Doch der Kauf stieß auf heftigen Widerstand in der überwiegend weißen Nachbarschaft. Mahalia erhielt Drohanrufe und obszöne Nachrichten, und es wurden Blockversammlungen organisiert, um gegen ihren Einzug zu protestieren. Die Angst, dass eine schwarze Familie das Viertel „verderben“ würde, führte zu offenem Rassismus. Kurz nach ihrem Einzug wurden sogar Schüsse durch ihr Panoramafenster abgegeben. Mahalia reagierte entschlossen: Sie rief Bürgermeister Richard Daley an, der Polizeiwachen vor ihrem Haus aufstellte, und das FBI wurde eingeschaltet. Trotz der Anfeindungen blieb sie standhaft, unterstützt von Familienmitgliedern, die bei ihr Wache hielten. Innerhalb eines Jahres verließen die letzten weißen Familien Chatham Village.

Das Haus in der Indiana Avenue wurde jedoch nicht nur zu einem Symbol des Widerstands, sondern auch zu einem inoffiziellen Hauptquartier für Dr. Martin Luther King Jr. und Reverend Ralph Abernathy. Hier trafen sie sich, um Reden für Protestkundgebungen vorzubereiten und Spenden für die Bürgerrechtsbewegung im Süden zu sammeln. Reverend Abernathy nannte es „unser zweites Zuhause“. Mahalias Küche wurde zum Herzen des Hauses, wo sie kreolisches Essen für ihre Gäste zubereitete. Das Haus war ein ständiger Treffpunkt für Gospelsänger, Prediger und Berühmtheiten wie Duke Ellington.

Spätere Wohnsitze und ihr Geschäftsimperium

In den späten 1960er Jahren zog Mahalia in eine Doppel-Eigentumswohnung mit elf Zimmern in der Cornell Avenue im Hyde Park. Diese luxuriöse Wohnung im 26. Stockwerk bot einen atemberaubenden Blick auf den Michigansee. Sie ließ zwei Einheiten zu einer großen Wohnung umbauen, die ihren Bedürfnissen und denen ihrer Familie gerecht wurde. Die Wohnung war mit einem geschlossenen Kamerasystem ausgestattet, um Besucher am Eingang zu identifizieren. Ihre Nachbarn im Hyde Park waren prominente Persönlichkeiten wie Muhammad Ali und John H. Johnson, der CEO von Ebony/Jet Publications. Die Wohnung an der Cornell Avenue wurde zu ihrem letzten Wohnsitz.

Mahalias Leben war auch von verschiedenen vorübergehenden Aufenthalten geprägt, darunter Hotelzimmer und kleine Mietwohnungen, insbesondere während ihrer Eheprobleme. Auch Krankenhausaufenthalte wurden aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme zu temporären „zweiten Zuhause“.

Über ihre persönlichen Wohnsitze hinaus war Mahalia Jackson eine geschäftstüchtige Frau mit vielfältigen Immobilieninteressen. Sie besaß und bewohnte die Corbett Arms Apartments in Los Angeles während der Sommermonate. Ein ehrgeiziges "Tempel"-Projekt sah den Bau eines eigenen Gotteshauses und einer Gospelgesangsschule in Chicagos South Side vor. Ihre unternehmerische Ader zeigte sich auch in ihrer Partnerschaft mit Minnie Pearl's Chicken System, mit dem Ziel, alle Franchises in schwarzem Besitz und unter schwarzer Führung zu halten. Fünf Mahalia Jackson's Restaurants gab es zeitweise in Chicago.

Das Vermächtnis mit einem Zuhause

Mahalia Jacksons Umgang mit Geld war einzigartig; sie trug oft große Mengen Bargeld bei sich, ein Resultat ihrer frühen Erfahrungen mit skrupellosen Promotern. Bei ihrem Tod hinterließ sie ein Vermögen, das zwischen 6 bis 10 Millionen Dollar geschätzt wurde.

Doch jenseits des materiellen Reichtums war es Mahalias tiefer Wunsch nach einem eigenen Zuhause und Privatsphäre, der ihr Leben prägte. Sie wollte einen Ort, an den sie Familie und Freunde bringen konnte, einen Ort zum Atmen und Singen. Ihre Häuser waren stets offene Türen für ihre Lieben und für diejenigen, die ihre Unterstützung brauchten. Der Rassismus, dem sie beim Immobilienkauf begegnete, schockierte sie, doch sie kämpfte und gewann. Ihr Sieg in Chatham war nicht nur ein finanzieller, sondern auch ein emotionaler Triumph, der ihren unerschütterlichen Geist unterstrich.

Mahalia Jacksons Wohnsituation war somit weit mehr als nur eine Aneinanderreihung von Adressen. Sie war ein lebendiges Zeugnis ihres Kampfes, ihres Triumphs und ihrer tiefen Verbundenheit mit ihrer Gemeinschaft und der Bürgerrechtsbewegung. Ihre Häuser erzählten die Geschichte einer Frau, die nicht nur die Welt mit ihrer Stimme bewegte, sondern auch ein Zuhause für sich und andere schuf, das von Liebe, Gastfreundschaft und Widerstand geprägt war.

©Thilo Plaesser